Ungeklärte Zahlungseingänge

Bereits im Newsletter aus Mai 2022 haben wir im Zusammenhang mit Aufsicht und Kontrolle der Zahlungsabwicklung etwas zu den ungeklärten Einzahlungen geschrieben. Aus den laufenden überörtlichen Prüfungen ergibt sich jedoch der Bedarf, die Problematik der ungeklärten Einzahlungen tiefergehend zu beleuchten.

„Das Geld ist doch da, was soll die Aufregung?“

 

Ein Satz, den viele schon gehört haben, wenn an eine fehlende Sollstellung erinnert werden muss. Dienstanweisungen nach § 32 Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen (KomHVO NRW) enthalten jedoch vielfach folgenden Satz zu den Aufgaben der Dienstkräfte in der Finanzbuchhaltung: Den zuständigen Dienstkräften obliegen insbesondere die Pflicht zur unverzüglichen Einleitung des Mahn- und Vollstreckungsverfahrens nach Fälligkeitsablauf sowie die beschleunigte Abwicklung der ungeklärten Ein- und Auszahlungen.

 

Gründe für ungeklärte Einzahlungen sind

  • fehlende oder fehlerhafte Angaben der Einzahlenden oder
  • fehlende Sollstellungen durch die Organisationseinheiten.

 

„Forderungsmanagement fängt bei den Sachbearbeitenden an.“

 

Ein gutes Forderungsmanagement baut darauf auf, dass alle Fachverantwortlichen, die Bescheide oder sonstige zahlungsbegründende Unterlagen erstellen, unverzüglich eine Sollstellung fertigen. Eine Kommune hat nach § 23 Abs. 1 KomHVO NRW die ihr zustehenden Forderungen vollständig zu erfassen und rechtzeitig durchzusetzen. Nach § 28 Abs. 2 KomHVO NRW haben die zuständigen Organisationseinheiten für alle zu buchenden Geschäftsvorfälle rechtzeitig die notwendigen Buchungsanweisungen zu fertigen.

 

Sofern keine Sollstellung erfolgt, kann

  • die Zahlungsabwicklung bei Fälligkeit nicht mahnen und
  • die Vollstreckung nicht vollstrecken!

 

Hier konzentrieren wir uns auf die ungeklärten Einzahlungen aufgrund fehlender Sollstellungen und deren Auswirkungen. Ungeklärte Auszahlungen haben in der Praxis ebenso kaum Relevanz wie die ungeklärten Einzahlungen aufgrund fehlender oder fehlerhafter Angaben der Einzahlenden.

 

Um deutlich zu machen, wie hoch die Belastung durch ungeklärte Einzahlungen sein kann, stellen wir nachfolgend in einem Balkendiagramm die Ergebnisse aus unseren in den letzten Jahren durchgeführten Prüfungen dar:

 

Maximalwerte ungeklärte Zahlungseingänge je 10.000 Einzahlungen

Maximalwerte

Die vorstehende Grafik verdeutlicht die Relevanz dieser Problematik für die Zahlungsabwicklungen in

  • den kreisfreien Städten (kfS),
  • den kleinen kreisangehörigen Kommunen (kkK),
  • den mittleren kreisangehörigen Kommunen (mkK),
  • den Kreisen und der StädteRegion Aachen (Kreise),
  • den Verbänden (RVR, LWL, LVR) sowie
  • den großen kreisangehörigen Kommunen (gkK).

 

Auswirkungen in der Zahlungsabwicklung

 

Die Sollstellung ist die Grundvoraussetzung für die Automatisierung von Zahlungseingängen und damit zur Vermeidung von unnötigen manuellen Nacharbeiten.

 

Zahlungseingänge werden üblicherweise automatisiert verbucht und damit den vorliegenden Sollstellungen zugeordnet. Bei fehlenden Sollstellungen müssen die zuständigen Dienstkräfte die Einzahlung manuell bearbeiten. Es werden Ermittlungen erforderlich, um die Zahlungen sachgerecht zu verbuchen. Die Dienstkräfte müssen versuchen, aus dem Verwendungszweck oder aus der Höhe der Einzahlung Rückschlüsse auf eine eventuell zuständige Organisationseinheit zu ziehen. Dann werden die in Betracht kommenden Fachverantwortlichen über den Zahlungseingang informiert und gleichzeitig um Sollstellung gebeten. Dies kann je nach Größe der Kommune zu langwierigen Prozessen in verschiedenen Organisationseinheiten führen.

 

Sofern sich keine Rückschlüsse ergeben, muss versucht werden, die Einzahlenden zu kontaktieren. Auch diese Möglichkeit ist personalintensiv und verursacht vermeidbare Kosten.

 

Das nachfolgende Streudiagramm enthält alle aktuell vorliegenden 195 Werte zu ungeklärten Einzahlungen:

 

Ungeklärte Einzahlungen je 10.000 Einzahlungen aus allen Kommunen

 

Ungeklärte Einzahlungen

  • Je höher der Wert ist, desto höher ist der erforderliche Personaleinsatz in der Zahlungsabwicklung.

 

Eine weitere auch schon beobachtete Möglichkeit ist die Rücksendung des eingezahlten Betrags an die Einzahlenden. Das ist zwar der bequemere Weg, unserer Auffassung nach aber der falsche. Bis auf wenige Ausnahmen werden die Einzahlenden einen Grund gehabt haben, der Verwaltung Geld zu überweisen. Somit steht der eingezahlte Betrag i. d. R. der Kommune zu und muss der korrekten Buchungsstelle zugeordnet werden.

 

Auswirkungen in der Organisationseinheit

 

In der Organisationseinheit machen sich ungeklärte Einzahlungen im Jahresverlauf nicht bemerkbar. Erst im Jahresabschluss können sich sichtbare Auswirkungen ergeben, wenn innerhalb des Produkts oder der Produktgruppe der Ansatz bei den Erträgen erheblich unterschritten wird. Zusätzlich können sich Auswirkungen ergeben, wenn es sich um zweckgebundene Mittel handelt, weil dann zum Beispiel auch die korrespondierenden Aufwendungen entsprechend niedriger ausfallen müssen.

 

Zudem ist anzunehmen, dass Sollstellungen nicht nur für die ungeklärten Einzahlungen fehlen, sondern dass innerhalb eines bestimmten Produkts insgesamt auf Sollstellungen verzichtet wurde. Bei diesen Ansprüchen fehlt eine Überwachung der Forderungen vollständig und kann zu wesentlichen unbemerkten Zahlungsausfällen führen.

  • Diese Dunkelziffer sollte allen Verantwortlichen in den Kommunen Sorgen bereiten.

 

In diesem Zusammenhang ist zudem die Forderungsverjährung zu beachten. Wegen der Komplexität der Verjährungsfristen wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen.

 

Lösungsansätze zur Vermeidung der vorbeschriebenen Problematik

  • Die Kommunen sollten die Organisationseinheiten verpflichten, Sollstellungen und Bescheide zeitgleich zu erstellen. Im Zuge der Umsetzung des elektronischen Rechnungsworkflows sollte programmbedingt erst nach Erstellung der Anordnung ein Ausdruck von Bescheiden möglich sein.
  • Weiterhin sollte in der Dienstanweisung nach § 32 KomHVO NRW geregelt werden, dass die Organisationseinheiten verpflichtet sind, Mitteilungen der Zahlungsabwicklung über ungeklärte Einzahlungen innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu bearbeiten.

 

Mit diesen organisatorischen Regelungen können vor dem Hintergrund des bestehenden Personal- und Fachkräftemangels unnötige Arbeiten vermieden werden. 

 

Weitere Lösungsvorschläge betreffen grundsätzlich die Optimierung des Forderungsmanagements selbst. Diesem Thema werden wir uns in einem zukünftigen Newsletter widmen.