Zentrale Vergabestelle? - Ja, bitte!

Ausgangslage

 

In der letzten Prüfungsrunde der mittleren kreisangehörigen Kommunen hat die gpaNRW unter anderem das Vergabewesen geprüft. Auch in den aktuellen Prüfungen der Kreise sowie der kleinen kreisangehörigen Kommunen widmen wir uns diesem wichtigen Thema.
 

Wir konnten bei der Prüfung feststellen, dass bereits erfreulich viele Gemeinden, Städte und Kreise eine Vergabestelle zur zentralen Durchführung der Ausschreibungsverfahren eingerichtet haben.

 

Dabei gibt es aber auch immer noch zahlreiche Kommunen, bei denen das Beschaffungswesen dezentral organisiert ist. Selbst in großen Gebietskörperschaften, wie den Kreisen, konnten wir noch vereinzelt dezentrale Vergabestrukturen feststellen.

 

Da sowohl zur Korruptionsprävention als auch zur rechtssicheren Abwicklung von Vergabeverfahren und auf Grund der wirtschaftlichen Bedeutung des Beschaffungswesens eine Zentrale Vergabestelle elementar ist, nehmen wir dies zum Anlass ein Plädoyer für diese so wichtige Funktionsstelle zu halten.

 

Vergabeverfahren rechtssicher abwickeln

 

Das Vergabewesen ist durch eine große Vielfalt unterschiedlicher Gesetze, Verordnungen, Erlasse und Dienstanweisungen geprägt. Hinzu kommt die dynamische Entwicklung durch die Rechtsprechung. In einer Zentralen Vergabeorganisation findet eine Bündelung der vergaberechtlichen Kompetenz statt. Diese Kompetenz wird in einer Zentralen Vergabestelle wesentlich ausgeprägter vorgehalten als dies dezentral in den Fachämtern möglich ist. Denn im Regelfall sind die Fachämter bereits mit der Verfolgung der rechtlichen Vorgaben ihres eigentlichen Aufgabengebietes ausgelastet. Eine rechtssichere Vergabedurchführung ist somit dezentral – wenn überhaupt - nur schwer erfüllbar.

 

 

Vergabeverfahren wirtschaftlich durchführen

 

Auch angesichts der hohen wirtschaftlichen Bedeutung des Beschaffungswesens ist die Implementierung einer Zentralen Vergabestelle mit Nachdruck zu empfehlen. Die Verwaltung ist haushaltsrechtlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten[1]. Ein rechtmäßiges und transparentes Vergabeverfahren ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Kommunen die ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wirtschaftlich einsetzen. So müssen die Kommunen beispielswiese die rechtlich richtige Verfahrensart wählen und möglichst viel Wettbewerb schaffen.
 

Hinzu kommt, dass viele Beschaffungsmaßnahmen ganz oder teilweise mit Fördermitteln finanziert werden. Die Zuwendungsgeber binden die Mittelzusage im Regelfall an vergaberechtliche Vorgaben. Hält die Kommune diese nicht ein, drohen bei einer Überprüfung anteilige bis vollständige Rückforderungen, die die kommunalen Haushalte unvorhergesehen belasten und zu unangenehmen Fragen führen.
 

Liegt das vergaberechtliche Versäumnis darin begründet, dass die Fachämter mangels der vergabefachkundigen Unterstützung durch eine Zentrale Vergabestelle die rechtssichere Abwicklung des Vergabeverfahrens nicht gewährleisten konnten, steht hier schnell der Vorwurf des Organisationsverschuldens im Raum.

 

Aufgrund der höheren Professionalität kann eine Zentrale Vergabestelle die Vergabeverfahren zügiger abwickeln, was im Regelfall zu Zeitersparnissen bei der ordnungsgemäßen Durchführung der Vergabeverfahren führt. Zudem entfallen Arbeitszeitanteile in den Bedarfsstellen, die dann für anderweitige Aufgaben zur Verfügung stehen oder ggf. zu einem geringeren Stellenbedarf führen können.

 

Die regelmäßig nötigen Schulungen zum Vergaberecht können auf wenige Beschäftigte aus der Zentralen Vergabestelle begrenzt werden, wodurch weitere Kosteneinsparungen zu realisieren sind bzw. das Schulungskontingent in den Fachämtern stärker für die hauptfachlichen Qualifikationen genutzt werden kann.

 

 

Vergabeverfahren korruptionspräventiv durchführen

 

Darüber hinaus ist eine Zentrale Vergabestelle aus Gründen der Korruptionsprävention dringend angeraten. Der Aufgabenbereich des Vergabewesens ist mit einer erhöhten Korruptionsgefährdung verbunden. Die Einrichtung einer Zentralen Vergabestelle stellt die gebotene Voraussetzung zur Funktionstrennung zwischen Auftragsvergabe und Auftragsabwicklung in der Beschaffung dar. Einfach gesprochen: Wer eine Maßnahme plant und nach Zuschlagserteilung begleitet und abwickelt, darf nicht das Ausschreibungsverfahren selbst begleiten und ggf. bereits vor der Zuschlagserteilung Kontakt zu den potentiellen Bewerbenden und Bietenden haben. Dieser Schutzmechanismus sollte für die Verantwortlichen genauso wie für die betroffenen Beschäftigten ein hohes Gut darstellen.

 

Denn wie will eine Organisationseinheit, wie will ein einzelner Beschäftigter sich gegen einen Korruptionsvorwurf wehren, wenn diese Funktionstrennung nicht gegeben ist? Hinzu kommt, dass in dezentralen Beschaffungsstrukturen das im Vergabewesen so wichtige Dokumentationsgebot erfahrungsgemäß oft zu kurz kommt. Dann wird eine Entlastung von den erhobenen Vorwürfen sehr schwer.

 

Es kommt nicht selten vor, dass sich ein Beschäftigter über die Zentrale Vergabestelle ärgert, weil sie eine nicht ausreichend konkrete Leistungsbeschreibung mit der Bitte um Nachbesserung zurücksendet oder auf einer öffentlichen Ausschreibung besteht, weil diese gesetzlich so vorgesehen ist. Dann, liebe Fachämter, einmal durchatmen und daran denken, welches Maß an Schutz und Sicherheit die Kolleginnen und Kollegen in der Zentralen Vergabestelle Ihnen gewähren.

 

 

Redundanz in der Zentralen Vergabestelle

 

Gerade in kleinen Kommunen ist die Zentrale Vergabestelle zumeist nur mit einer Person besetzt. Die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips bei den Öffnungsterminen sowie die Urlaubsvertretung erfolgt dann meist durch eine oder einen anderen Beschäftigten, die diese Aufgabe nur sporadisch übernehmen.

 

Auch wenn die Durchführung von Vergabemaßnahmen noch weitestgehend mit der Urlaubsplanung in Einklang zu bringen sein mag, geraten die fristgebundenen Vergabeverfahren spätestens bei ungeplanten Abwesenheiten, wie Erkrankungen, in Gefahr.

 

Da es sich bei der Zentralen Vergabestelle um eine bedeutende Funktionsstelle innerhalb der Verwaltung handelt, die zudem besonderes rechtliches und prozessuales Fachwissen voraussetzt, hat sich daher eine redundante Funktionswahrnehmung bewährt. Diese kann in kleinen Kommunen beispielsweise durch zwei Teilzeitkräfte realisiert werden.

 

Gibt es Alternativen zu einer Zentralen Vergabestelle?

 

Ja, die gibt es. So haben wir in der Prüfung vielfache Kooperationen beim Beschaffungswesen vorgefunden. Diese werden im Wesentlichen als Interkommunale Zusammenarbeit über öffentlich-rechtliche Vereinbarungen geführt.

 

Vorteile ergeben sich dabei insbesondere durch

  • die Bündelung fachlicher Kompetenzen,
  • eine neutrale und einheitliche Bearbeitung,
  • eine höhere Anzahl der Vergabeverfahren, was zu einer größeren Routine in der Sachbearbeitung führt.

 

Die Zusammenarbeit unterstützt damit eine rechtssichere und wirtschaftliche Durchführung der Vergabeverfahren. Insbesondere kleinere Kommunen können dabei von einer Zusammenarbeit mit einer größeren Kommune oder einem Kreis profitieren. Kommt das ggf. für Sie in Frage? Dann nehmen Sie doch einfach einmal Kontakt zu einer Nachbarkommune oder Ihrem Kreis auf und fragen nach.

 

Wir empfehlen im Vorfeld rechtlich zu klären, ob die beabsichtigte Art der Vereinbarung ausschreibungsfrei eingegangen werden kann. Je nach Ausgestaltung der Vereinbarung gibt es hierbei vergaberechtliche Unterschiede zu beachten.

 

Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass Leistungen, die eine Zentrale Vergabestelle für eine andere Kommune erbringt, gemäß § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) ab dem 01. Januar 2025 ggf. umsatzsteuerpflichtig sind.

 

Fazit

 

Aus den oben aufgeführten Gründen sieht die gpaNRW in der Implementierung einer Zentralen Vergabestelle eine vorteilhafte Organisationsform des Vergabewesens. Durch sie wird eine rechtssichere, wirtschaftliche, einheitliche und zügige Vergabeverfahrensabwicklung gewährleistet.

Vor allem zur rechtssicheren Abwicklung der Vergabemaßnahmen, zur Korruptionsprävention und aus Wirtschaftlichkeitsgründen sollten daher alle Kommunen eine Zentrale Vergabestelle einrichten oder hierfür in Kooperation mit einer anderen Kommune treten.

 

[1]  z.B. § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW 9