„Ausgezeichnet konstruktiv“ beschreibt die Stadt Gelsenkirchen selber ihre öffentlichen Bauwerke, darunter das historische Hans-Sachs-Haus oder der Umbau ganzer Industrieareale. Für Projekte dieser Art wurde die Stadt mehrfach ausgezeichnet. Um die Bausubstanz dieser Vorzeige-Gebäude aber auch aller anderen öffentlichen Bauten zu erhalten, braucht es finanzielle Ressourcen für die Instandhaltung.
Die gpaNRW hat gemeinsam mit der Verwaltung in Gelsenkirchen die Prozesse für eine bessere Planung optimiert.
Auffällig in dem Zusammenhang war die Tatsache, dass in den Jahresabschlüssen der Stadt keine Rückstellungen für die Instandhaltung öffentlicher Gebäude ausgewiesen waren. Dabei ist es nahezu sicher, dass es in der Ruhrgebietsstadt, wie in jeder anderen Kommune, Gebäude gibt, die in irgendeiner Form in Stand gehalten werden müssen und die Maßnahmen beispielsweise aufgrund von knappen Kassen nicht durchgeführt werden können. Die gpaNRW begegnet in ihren Prüfungen sehr häufig dieser Problematik und bietet daher eine Workshop-Reihe zur Beratung an. Das Beispiel aus Gelsenkirchen zeigt, wie die Prozessoptimierung Schritt für Schritt gelingen kann.
Verwaltungsstrukturen erschweren Wissenstransfer
Die Gründe für die fehlenden Planungen sind in vielen Kommunen identisch. „Oft liegt es an der fehlenden Kommunikation der beteiligten Abteilungen untereinander. Die Schnittstellen zwischen der Kämmerei und den technischen Bereichen beispielsweise funktionieren häufig nicht gut“, so Thomas Kohl, der in der Stadt Gelsenkirchen das Beratungsprojekt für die gpaNRW durchgeführt hat. Die starke inhaltliche Abgrenzung der Verwaltungsbereiche erschwert den Informationsaustausch untereinander.
Gutes Prozessmanagement in Kommunen ist jedoch entscheidend, um Abläufe effizienter und transparenter zu gestalten. Die Stadt Gelsenkirchen hat sich zum Ziel gesetzt, die Prozesse im Instandhaltungsbereich klar zu strukturieren, Verantwortlichkeiten zu klären und damit die Planungen von Kämmerei und dem Bereich Hochbau, Liegenschaften und Verkehr auf ein gutes Fundament zu stellen.
Workshops vermitteln Fachwissen und fördern Kommunikation
Die gpaNRW wurde daher von der Kämmerei der Stadt Gelsenkirchen beauftragt, den bisherigen Prozess zur Bildung von Instandhaltungsrückstellungen zu optimieren. Um alle Bereiche zu beteiligen und ihre Perspektive auf die bisherigen Abläufe einzubinden, fand das Beratungsprojekt in drei moderierten Workshops statt.
„Uns war es wichtig, Kämmerei, Hochbau, Liegenschaften und Verkehr an einen Tisch zu holen“, so Petra Immand von der Stadt Gelsenkirchen. „Die aktive Einbindung ist für uns ein wesentlicher Faktor, um Akzeptanz für neue Prozesse bereichsübergreifend zu erreichen.“ Durch die Diskussionen während der Workshops und die ergebnisorientierte Moderation wurde schon mit Beginn der Projektarbeit das Ziel erreicht, Kommunikationswege klar zu definieren und eine Kultur der Zusammenarbeit zu fördern.
Zudem dienten die Workshops dazu, Fachwissen zu den Themen Instandhaltungsrückstellungen und außerplanmäßige Abschreibungen zu vermitteln.
Ablauf der Beratung
In Abstimmung mit der Kämmerei wurde festgelegt, dass zunächst zwei Workshops stattfinden sollten. Ein Termin wurde für die Mitarbeitenden der Kämmerei und ein Termin für die Beschäftigten im Bereich Hochbau, Liegenschaften und Verkehr geplant.
Neben rechtlichen Grundlagen wurde in dem Termin dargestellt, wie wichtig ein dezentraler Instandhaltungsplan ist und die Frage beantwortet, wie sich die Höhe der Rückstellungen ermitteln lässt. Anschließend tauschten sich die Teilnehmenden darüber aus, wie bisher mit Instandhaltungsrückstellungen umgegangen wurde. Fragen zur Plausibilisierung durch die Kämmerei, zur Dokumentation und zur bisherigen Organisation der Prozesse wurden beantwortet.
Die Workshops für beide Bereiche waren inhaltlich identisch aufgebaut, so dass im Anschluss die Aussagen und Ergebnisse miteinander verglichen werden konnten.
In einem dritten Workshop wurden dann die Ergebnisse der vorherigen Workshops erörtert und ein idealtypischer Prozess für die Stadt Gelsenkirchen festgelegt.
Erste Veränderungen bereits in die Prozesse implementiert
Durch die fehlenden personellen Ressourcen ist die Umsetzung des idealtypischen Prozesses noch nicht vollumfänglich möglich. Doch im Rahmen des Workshops wurde eine kurzfristige ad-hoc Lösung für den Jahresabschluss 2023 gefunden, die auf den bestehenden Maßnahmenlisten der dezentralen Facheinheiten zu dem Gebäude- und Infrastrukturvermögen basiert. Diese Listen wurden als Vorschläge für die Bildung von Instandhaltungsrückstellungen der Kämmerei zugeleitet. Nach erfolgter Überprüfung (u.a. Vorliegen der Voraussetzungen nach § 37 Abs.4 KomHVO NRW) und Abstimmung mit dem Bereich Hochbau, Liegenschaften und Verkehr erfolgte eine Rückmeldung der Kämmerei, für welche Maßnahmen Instandhaltungsrückstellungen gebildet worden sind. Im Ergebnis wurden im Jahresabschluss 2023 der Stadt Gelsenkirchen Instandhaltungsrückstellungen von rund 4,4 Mio. Euro gebildet.
Ein weiteres Ergebnis der Workshops: Im Rahmen der jährlichen Jahresabschlusstätigkeiten wird die Kämmerei künftig bei den beteiligten Akteuren den aktuellen Sachstand zu bestehenden Instandhaltungsrückstellungen und die Notwendigkeit neu einzustellender Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen aktiv erfragen. Auf diesem Weg ist die Meldung von Instandhaltungsrückstellungen für den Jahresabschluss regelmäßig gewährleistet.
Weitere Schritte sind in Planung
Alle Beteiligten waren sich einig, dass zu dem Thema Instandhaltungsrückstellungen weitere Qualifizierungen und Werkzeuge zur Unterstützung der Beteiligten erforderlich sind. Als erste Maßnahme wurde bereits während der Abwicklung des Beratungsauftrages durch die Kämmerei ein „Leitfaden zur Bildung und Auflösung von Instandhaltungsrückstellungen (IRS) der Stadt Gelsenkirchen“ erstellt.
Die Stadt Gelsenkirchen prüft, weitere bedarfsgerechte und nutzerorientierte Qualifizierungsangebote und Beratungen zu Themen wie Instandhaltungsrückstellungen anzubieten.
Eine wichtige Empfehlung zum Schluss: Die systematische Planung und Durchführung von Unterhaltungsmaßnahmen sollte in einem Instandhaltungsplan dokumentiert werden. Erkenntnisse aus der Inventur sollten in den Instandhaltungsplan einfließen. Dieser ist dann die Grundlage für die Bildung von Instandhaltungsrückstellungen oder ggf. notwendige außerplanmäßige Abschreibungen gem. § 36 Abs. 6 KomHVO NRW.
In den durchgeführten Workshops wurden die Prozesse innerhalb des Bereiches Hochbau, Liegenschaften und Verkehr (wie zum Beispiel hoher Abstimmungsbedarf zwischen der technischen Abteilung mit der dezentralen Buchhaltung etc.) mehrfach thematisiert. Auch hier prüft die Stadt, ob auch diese Prozesse analysiert und neu aufgesetzt werden sollten.
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