Doch keine EuGH-Entscheidung über Beihilfecharakter der Steuerbegünstigung für Betriebe der öffentlichen Hand.
In unserem Newsletter Nr. 5 vom 30. Oktober 2019 hatten wir über die Absicht des Bundesfinanzhofes (BFH) in München berichtet, den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit einem Vorlagebeschluss (Az. I R 18/19) um eine Vorabentscheidung bezüglich der von ihm vermuteten Unzulässigkeit der Steuerbegünstigung für dauerdefizitäre Tätigkeiten von der öffentlichen Hand beherrschter Kapitalgesellschaften im deutschen Körperschaftssteuerrecht zu ersuchen. Der BFH ist der Auffassung, dass es sich dabei um eine unzulässige staatliche Beihilfe handelt, die mit dem EU-Binnenmarkt nicht vereinbar sei, weil die Regelung in § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG kommunalen Eigengesellschaften einen dauerhaften selektiven Vorteil gegenüber den anderen Steuerpflichtigen verschaffe.
Beim sogenannten steuerlichen Querverbund geht es um die Finanzierbarkeit des Betriebes von dauerdefizitären kommunalen Tätigkeiten der Daseinsvorsorge wie beispielsweise ÖPNV, Bibliotheken oder Schwimmbädern. Durch Auslagerung dieser defizitären Einrichtungen etwa in gemeindliche Stadtwerke können die profitabel arbeitenden Stadtwerke Steuern sparen, weil sie das Minus ihrer finanziell notleidenden GmbH-Töchter ausgleichen müssen. Dieser steuerliche Querverbund zwischen profitablem Mutterunternehmen und dauerdefizitären GmbH-Töchtern ist nach dem deutschen Körperschaftsteuergesetz ausdrücklich zulässig und gewollt. Denn ohne diesen Querverbund wäre innerhalb kürzester Zeit ein Massensterben der kommunalen Schwimmbäder die Folge.
Der BFH musste nunmehr mit Beschluss vom 29. Januar 2020 (Az. I R 4/20) sein auf europäischer Ebene betriebenes Verfahren einstellen, nachdem die Klägerin des Rechtsstreits die Revision zurückgenommen und das beklagte Finanzamt dem zugestimmt hatte. Damit ist dem Vorlagebeschluss des BFH an den EuGH die Grundlage entzogen worden. Das wird vom BFH erkennbar bedauert. Denn dieser betont in seiner Rücknahmeentscheidung, dass es damit (zunächst) nicht zur Klärung der Frage komme, ob die Steuerbegünstigung nach § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG eine selektive Beilhilfe für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige darstellt und damit als genehmigungspflichtige staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) anzusehen sei, allerdings das Recht der Europäischen Kommission unberührt bleibe, von sich aus die Vereinbarkeit der Steuerbegünstigung mit dem Binnenmarkt im Rahmen des hierfür in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zu prüfen. Nachzulesen in der Pressemitteilung des BFH Nr. 8 vom 06. Februar 2020
➢ BFH vom 29. Januar 2020 https://bit.ly/3bzWPsZ
Der Einstellungsbeschluss des BFH vom 29. Januar 2020 ist für die Städte und Gemeinden von großer Bedeutung, weil an der Privilegierungsregelung für kommunale Betriebe im KStG zunächst nicht gerüttelt wird. Sollte der EuGH allerdings zu einem späteren Zeitpunkt das Vorliegen einer genehmigungspflichtigen staatlichen Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV bejahen, hätte dies weitreichende Folgen für sämtliche Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge und könnte dann zu erheblichen Steuernachforderungen bei den Kommunen führen.